Musica Instrumentalis

Die hörbare Musik

Vor etwa 90.000 bis 15.000 Jahren kamen in den faszinierenden Klangräumen der Höhlen von Feuerland bis Sibirien und an den heiligen Orten der Zeremonien der Anbetung ihrer Naturgottheiten an den Lagerfeuern die Menschen zusammen, um zu singen, trommeln oder auf Rohren zu blasen, ehe sie später kompliziertere Instrumente für ihr erhebendes Spiel bauten.

Wer zählte die millionen Jahre, die das biologische Leben nach weisem göttlichen Plan den Humus des Gartens Erde bildete, bis die biologische Komplexität der ersten Menschen zur Aufnahme des Gottesgeistes bereitet war?! Ob sechs Tage oder sechs milliarden Jahre – vor Gott ist es gleich. Ihm geschieht alles Jetzt.

Jedenfalls hatten, lange bevor der Mensch als göttliche Geistesgabe zugleich mit der Sprache sein göttliches Wesen überkam, schon jene „Voradamiten“ an den Höhlenfeuern die Rhythmik ihres Herzschlages auf Trommeln geschlagen, auf Knochenflöten die Rufe der Vögel nachgeahmt und einer über einen Bogen gespannten Sehne durch rhythmische Stockschläge seltsame Klänge entlockt, die von etwas Großem kündeten. Doch wie die Nachtigall, die wunderbar in reinen Quinten singt, nicht weiß, warum sie dies so macht, hatten jene Vormenschen wohl kaum eine Vorstellung von den Gesetzmäßigkeiten der Harmonik.

Dann – nach hunderttausenden von Jahren, in denen kaum mehr als dieses geschah – fand in der Geschichte der Menschheit jener Quantensprung des Bewusstseins statt, der den Tiermenschen zum Geistmenschen machte.

Jener Augenblick, der in der Genesis und in vielen Kulturen ähnlich so trefflich beschrieben wird:

Als Gott dem Menschen, den Er aus Erde formte, mit Seinem Odem eine lebendige Seele einblies. Er begabte ihn mit Sprache und lehrte ihn die Sternenweisheit und die Harmonien der Sphären.

Von da an erbaute und zerstörte der Mensch eine Hochkultur nach der anderen – bis auf den heutigen Tag.

Die Welt der Musik – Die Musik der Welt

Bevor Jubal, der erste Zither- und Flötenspieler (1.Mose 4,17), die erste Flöte baute, in deren Atemlauten den Hörenden die Sphären erklangen, sang man. Denn der Gesang war dem geistigen Menschen von Anbeginn zugleich mit der Sprache gegeben. Es ist dieses Instrument noch heute jenes, das uns am nächsten ist – nicht nur, weil wir es immer bei uns haben (und es leichter zu tragen ist, als beispielsweise ein Klavier) – sondern weil es uns selber zum schwingenden Resonanzraum macht.

Im Spiel dieses Instrumentes der menschlichen Stimme atmet die Seele im Singen die harmonikale Ordnung des Alls. Das, wovon die ersten Sänger sangen, kam ihnen direkt aus dem Herzen. Denn lange vor der modernen „Fast-Food-Kultur“ schnelllebiger Hits machte man nur Erhabenes zum Lied, weil man von dem Wert einfacher, aber guter Nahrung für das innere Wesen wusste.

Den Vormüttern und Vorvätern der heutigen Zivilisationen war ihr Lied Gotteslob und Dank. Denn die Musik der frühen geistbegabten Menschen war gleichzeitig Gebet und Ineinklangbringung mit den eigenen Schwingungen, denen der Natur, jenen der Sphären und mit dem großen Schöpfer allen Klangs selbst.

Der spätere Bau von Musikinstrumenten war kein bloßes Handwerk, sondern weltanschauliche Philosophie – und deren Einstimmen Meditation, in der man nach innen lauschend, den gehörten Klang auf das Instrument übertrug.

Für die frühen Hochkulturen gibt es verlässliche Belege über Musikinstrumente und Musikverständnis.

Auf die vedische Schwingungslehre der alten Inder wird an anderen Stellen näher einzugehen sein. Auch die alten Schriften der Ägypter, Chinesen, Perser und Hebräer enthalten viele Hinweise auf die ursprünglich rituelle Bedeutung der Musik:

David und die Feldhauptleute sonderten aus zum Dienst die Söhne Asafs, Hemans und Jedutuns, prophetische Männer, die auf Harfen, Psaltern und Zimbeln spielen sollten.“

(2 Chr 5,12)

Nicht Irgendjemand also durfte die Musik machen, sondern „prophetische Männer“ nur, durch die der Geist Gottes sprach. Das taten sie dann auch – und zwar auf eine Weise, dass „das Haus Gottes“ (der Tempel des menschlichen Herzens) erfüllt wurde von der Schechina (dem Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes):

… so dass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Schechina; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.“

(2 Chr 5,13)

In Babylon hingegen wurden die heiligen Instrumente zur Götzenanbetung entfremdet. Dort ließ der König Nebukadnezar (Ne bouche kadne zar = keiner ist Gott außer mir) sich selbst anbeten.

Er ließ ein Bild aufstellen, vor dem alle niederzufallen hatten, wenn die Instrumente erklingen würden.

Und der Herold rief laut: Es wird euch befohlen,

ihr Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen: Wenn ihr hören werdet den Schall

der Posaunen, Trompeten, Harfen, Zithern, Flöten, Lauten und aller andern Instrumente, dann sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten,

das der König Nebukadnezar aufrichten ließ.“

(Daniel 3,4)

In der griechischen Antike wurden bevorzugt Saiten-Instrumente gespielt, die dem Gott Apollon verehrt waren. Musik war nur nachrangig das Medium edler und gesitteter Unterhaltung. Sie diente vor allem auch der Erziehung und Bildung. Platon (427-347 v. Chr.) erklärt den Grund so:

Musik ist der wichtigste Teil der Erziehung. Rhythmus und Töne dringen am tiefsten in die Seele und erschüttern sie am gewaltigsten.“

Und Cicero (106 bis 43 v. Chr.) berichtet:

Höchste Bildung lag nach dem Urteil der Griechen in der Beherrschung des Saitenspiels und Gesanges (…) alle suchten Musik zu lernen, und niemand galt für recht gebildet, der sich nicht auf sie verstand.“

Im europäischen Mittelalter galt schon vor der Etablierung der Universitäten im 12. Jahrhundert unter den vier Fächern des Quadriviums (Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik) die Musik als die vornehmste Wissenschaft – nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für die liturgischen Gesänge der gottesdienstlichen Zeremonien.

Andere Musikkulturen entwickelten und überlieferten andere Formen der Musik als im Abendland. Sie kommen ohne den Kompromiss der Anpassung der Tonarten durch Johann Sebastian Bach („Das Wohltemperirte Clavier“) aus.

So gibt es neben dem dominanten westlichen 12 Tonsystem in mancher Hinsicht wesentlich umfänglichere Tonsysteme: 29er, 41er, 53er … bishin zum mathematisch reinsten 665er Tonsystem.

Ohne die eigenen Skalen dieser Systeme wäre die Musik dieser Kulturen nicht denkbar. Viele authentische und charakterlich besondere Formen des jeweiligen Musiksystems kommen in der europäischen Musik nicht vor, und bleiben den `geglätteten´ Hörgewohnheiten der abendländischen Ohren oftmals fremd.

Doch heutzutage sind viele traditionelle Musikkulturen durch die Dominanz eines alles überlärmenden Tongefühls westlicher `Wohltemperiertheit´, das aus abermillionen Lautsprechern dringt, vom unerhörten Vergessenwerden bedroht, wie viele Pflanzen- und Tiergattungen vom Aussterben.

Hier soll ihrer gedacht werden, denn das Verständnis ihrer Musik ist eng verbunden mit dem Verständnis der Welt und dem Verständnis des Menschen von sich selbst.

Der kulturkritisch zu beklagende Mangel des zunehmenden Verlustes einer harmonikalen Musikauffassung in der Welt geht mit zunehmendem Materialismus und psychischer Desorientierung einher.

Tatsächlich ist Musik mehr, als lediglich bloße Unterhaltung oder ein akustisches Phänomen, sondern vielmehr ein existentielles Nahrungsmittel für Seele und Geist.

Warum die Musik so grundlegend wichtig für das Menschsein ist? Weil sie unser Wesen nicht nur berührt (in Schwingung versetzt), sondern auch, weil die Gesetze der Harmonik von unserem eigentlichen ganzheitlichen Wesen zeugen.

Wir sagten es bereits: Die „Harmonik“ ist jene Wissenschaft, in der sich alle Wissenschaften interdisziplinär erklären. Spüren wir also dem Phänomen des Klangs und dem Rhythmus als Metrum unseres harmonikalen Wesens nach.

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