Stephen Hawking, der zeitlebens bekennender Atheist war und erst kurz vor seinem Tod zum Gottesglauben fand, schreibt über Kepler und dessen Werk:

Wie Copernicus, von dessen Arbeiten er sich inspirieren ließ, war auch Kepler ein zutiefst religiöser Mensch. Sein fortwährendes Studium der universellen Eigenschaften begriff er als Christenpflicht, als Erfüllung der frommen Aufgabe, das Universum zu verstehen, das Gott geschaffen hat. Alles was er entdeckte, war unauflöslich verknüpft mit seiner Vorstellung von Gott.“

Keplers Lehrbuch „Grundriss der kopernikanischen Astronomie“ (”Epitome astronomiae copernicanae“, 1618–1621) setzte das „Heilige Offizium“ der Katholischen Kirche auf den Index der verbotenen Bücher, weil das oberste Inquisitionsgericht in Rom 1616 die Lehre des Kopernikus – dass nicht die Sonne um die Erde kreise, sondern allzeit die Erde nur um die Sonne – verboten hatte.

Dreimal in seinem Leben wurde Kepler aus religiösen oder politischen Gründen von den Orten seines Wirkens (Graz, Prag und Linz) vertrieben.

Schlimmer noch als Kepler, der immerhin sein Hauptwerk „Harmonices Mundi“ unbeanstandet veröffentlichen konnte, erging es allerdings in dieser Zeit seinem kollegialen Zeitgenossen Galileo Galilei (1564–1642) mit der Inquisition.

Wie aus dem Briefwechsel zwischen Kepler und Galilei (1597) hervorgeht, sympathisierten beide schon früh mit dem kopernikanischen System des heliozentrischen Weltbildes.

Obwohl Galilei seine Anschauung zunächst geheim hielt, führte ein Brief an den Benediktiner Benedetto Castelli, in dem Galilei eine Neuinterpretation der Heiligen Schrift forderte, 1613 zum Konflikt mit der Katholischen Kirche.

Als er trotz der Ermahnung des Offiziums (1616) weiterhin für die kopernikanische Lehre eintrat, wurde er 1633 vom Inquisitionsgericht verurteilt und unter lebenslangen Hausarrest gestellt. Der Bann der Katholischen Kirche wurde erst im Jahr 1992 durch Papst Johannes Paul II. aufgehoben, als der Vatikan den Irrtum eingestand und Galileo Galilei posthum rehabilitierte.

Der eigentliche Grund für die Bestrafung der besseren Einsicht Galileis, war jedoch wohl weniger sein Eintreten für das heliozentrische Weltbild, als vielmehr die Anklage, ein Anhänger der Hermetik zu sein.

Galilei wurde vorgeworfen mit Giordano Bruno (1548–1600) zu sympathisieren, der der Ketzerei beschuldigt, schließlich verbrannt worden war, weil er in der Hermetik die „vormalige, wahre Philosophie“ sah. Denn die hermetische Lehre schien der Katholischen Kirche gefährlich, weil sie zu eigenständigem Denken und Handeln ermutige, Doktrinen und Dogmen ablehne und Gotteserkenntnis durch eigene Anstrengung lehre.

Alle diese Anschuldigungen treffen zu, auch wenn der Vorwurf des eigenmächtigen Strebens nach Gotterkenntnis vielmehr als selbstverständliches Bemühen gedeutet werden kann, das große Schöpfungswerk Gottes als dessen geistbegabter Partner zu verstehen.

Durch den jüdischen Gelehrten Maimonides (1135–1206) war im 12. Jahrhundert – über den Umweg der arabischen Schule des Averroes (1126–1198) – Aristoteles zum zentralen Philosophen einer vernunftgemäßen Begründung christlichen Glaubens erhoben worden.

Auch durch die Wiederentdeckung Platons für das Abendland im 15. Jahrhundert durch Marsilio Ficino (1433–1499), der dessen Schriftwerk – wie auch das ”Corpus Hermeticum“ – in lateinischer Sprache herausgab, hatte das abendländische Denken neue Impulse bekommen.

Das aus siebzehn Texten bestehende „Corpus Hermeticum” (1473) wird zwar Hermes Trismegistos zugeschrieben, ist aber wohl eher eine Interpretation seiner Lehre.

Das hermetische Denken inspirierte auch die abendländische Esoterik, die eine weitere Rückerinnerung an das einstige ganzheitliche Weltbildes entwickelte. Der Konflikt der Esoterik (was im Sinne des Wortes zunächst nicht mehr als „Betrachtung von innen“ heißt) mit den Dogmen der Kirche und der Systematik der empirischen Wissenschaft kommt vor allem daher, dass sie zu einem Sammelbecken verschiedenster unorthodoxer Anschauungen wurde, die kaum mehr einte, als die Übereinkunft, dass es

„zwischen Himmel und Erde Dinge gibt, von denen sich die Schulweisheit nichts träumen lässt.“ (Shakespeare „Hamlet“)

Die hermetische Symbolik und allegorische Bildersprache, die immer mehr Bedeutungen in sich trägt, als dem ersten Blick erkennbar wird, erhebt im Gegensatz zum Selbstverständnis der Wissenschaften keinen Anspruch auf ein alles logisch erklärbares Verstehen. Diesbezüglich steht die Hermeneutik den Offenbarungen geistiger Inspiration näher, die ebenfalls nicht linear – bloß verstandesgemäß – sondern immer mehrsinnig auch allegorisch zu verstehen sind.

So erstaunt es nicht, dass sich in die Deutung der Bilder des Hermes Trismegistos der Irrtum durch menschliche Fehlinterpretation einschlich, wovor allerdings weder die kirchlichen Ausleger des Bibelwortes, noch die Theorien der Wissenschaftler gefeit sind (siehe „geozentrisches Weltbild“).

Das Missverständnis beginnt schon damit, dass man die Bilder und Gleichnisse wortwörtlich und bloß äußerlich sieht – ohne ihren inneren Sinn zu erkennen.

Dies führte bei manchen Alchimisten des Mittelalters zu der Vorstellung, man könne das „Lebenselixier“ tatsächlich auf chemischem Wege herstellen, obwohl damit doch nichts anderes als das geistige „Wasser des Lebens“ (der Energiestrom der Chakras) gemeint war.

Gleichwohl in diesen Anfängen der Alchimie die moderne Chemie und Pharmakologie wurzeln, konnten die Rezepturen und magischen Formeln der Alchimisten letztlich nicht zum verhofften Ziel führen.

Auch die „Vollendung des Großen Werkes”, von der die hermetische Lehre spricht, die den alchimistischen Magier das Geheimnis zur Herstellung des `Steins der Weisen´ schien, konnte deshalb nicht zielführend sein, weil sie verkannten, dass Hermes Trismegistos bei dieser uroffenbarten Rezeptur nicht von der Umwandlung von Blei in Gold sprach, sondern vielmehr von inneren, seelischen Transformations- und Wandlungsprozessen.

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